Gemeinnützige Organisationen, ihre Verbände und Netzwerke sind unverzichtbar für das Gemeinwohl in Österreich und ein Eckpfeiler der Demokratie. Um für die Bundesregierung ein starker Partner zu sein vereint sich der so genannte Dritte Sektor nun zu einem Bündnis.

Die österreichische Bundesregierung hat in ihrem Arbeitsprogramm 2013-2018 das Ziel aufgenommen, zivilgesellschaftliche Organisationen strukturierter in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Unsere Erwartung als Vertreter/innen des Dritten Sektors richtet sich daher gleichermaßen an das Parlament, den Bund und an die Länder, dass noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode deutliche Anstrengungen unternommen werden, dieses Vor-haben umzusetzen.

Die gemeinnützigen Verbände und Netzwerke der organisierten Zivilgesellschaft schließen sich daher zu einem breiten Bündnis zusammen. Unser Anliegen ist es, mit Politik und Ver-waltung in einen Dialog einzutreten, um gemeinsam tragfähige Lösungen für die vielen ge-sellschaftlichen Herausforderungen und die Menschen in unserem Land zu finden und mit-zugestalten. Als Bündnis für Gemeinnützigkeit stellen wir dafür unsere breite und aus der Praxis gewonnene Expertise und Erfahrung zur Verfügung. Außerdem möchten wir die Sicht-barkeit der Gemeinnützigkeit in Österreich und die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit stärken.

Unser gemeinsames Ziel: ein gutes Leben für alle Menschen in Österreich und darüber hinaus

Österreich verfügt mit über 120.000 Vereinen und anderen gemeinnützigen Körperschaften über eine enorme Vielfalt und einen großen Reichtum an zivilgesellschaftlichen Organisatio-nen. Viele dieser Vereine und Organisationen haben sich in Form von gemeinnützigen Verbänden und Netzwerken zusammengeschlossen, unter deren Dach sie sich vernetzen, Informationen austauschen und zusammenarbeiten. Gemeinsam bilden diese Verbände und Netzwerke die organisierte, lebendige Zivilgesellschaft in Österreich.
Neben den Organisationen der sozialen Wohlfahrt und der Daseinsvorsorge gibt es zahlreiche spezialisierte Verbände und Netzwerke, etwa im Bereich der Gesundheits- und Pflegedienste, der Kinder- und Jugendwohlfahrt, der Altenbetreuung, der Arbeitsmarktpolitik und Inklusion, der Kultur, der Erwachsenenbildung, der Umwelt, der Entwicklungszusammenarbeit sowie des Breiten-, Leistungs- und Behindertensports. Die Breite und Tiefe der The-men, die der gemeinnützige Sektor bearbeitet, ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Vielfalt.

Bei all der Heterogenität vereint die Organisationen des sogenannten Dritten Sektors ihr gemeinnütziger Charakter, die Orientierung am Gemeinwohl und das gemeinsame Ziel, ein gutes Leben für alle Menschen in Österreich und darüber hinaus zu schaffen. Als gemeinnüt-ziger Sektor stehen wir außerdem für eine offene Gesellschaft, in der Inklusion und Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben gelebte Realität ist.

Wir sind überzeugt: Zukunftsfähige Lösungen brauchen die Beteiligung des gemeinnützigen Sektors

Unsere Gesellschaft steht vor vielen sozialen, gesellschaftspolitischen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Von der steigenden Arbeitslosigkeit über notwendige Reformen im Gesundheit- und Bildungswesen, der wachsenden Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen, bis hin zur Aufnahme und Integration jener tausenden Kinder, Frauen und Männer, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung zu uns kommen.
Als Vertreter/innen des Dritten Sektors beobachten wir außerdem mit großer Sorge die wachsende Polarisierung in der Bevölkerung und den sichtbaren Vertrauensverlust in die Wirkungsweise der politischen Systeme. Die zunehmende Abwendung von europäischen Werten und Institutionen und die Rückkehr zu langfristig wirkungslosen nationalstaatlichen Lösungsversuchen sind nicht im Interesse zukünftiger Generationen.

Wir sind davon überzeugt: Tragfähige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen können nur durch einen strukturierten Dialog, den regelmäßigen Austausch und das positive Zusammenwirken aller Sektoren und aller maßgeblichen Kräfte gelingen. Die Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft in Form der gemeinnützigen Verbände und Netzwerke muss ein wichtiger Bestandteil davon sein.

  • Eine lebendige Zivilgesellschaft, getragen von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, ist ein unersetzlicher Eckpfeiler einer starken Demokratie. Im Sinne der Grund- und Freiheitsrechte sehen gemeinnützige Organisationen den Menschen nicht als Wirtschaftsfaktor, sondern als Anspruchsträger auf die Wahrung seiner Rechte. Sie erheben ihre Stimme für benachteiligte Personengruppen, gegen menschenverachtende Praktiken, garantieren kulturelle Grundversorgung und setzen sich für den Schutz der Umwelt und Natur zum Wohl der Allgemeinheit ein. Dabei stellen sie der Politik und Verwaltung ihre aus der konkreten Arbeit gewonnene Expertise zur Verfügung, um gemeinsam an einer Verbesserung der Verhältnisse zu arbeiten (advocacy).
  • Der Umgang von Freiwilligen und Mitarbeiter/innen von Nonprofit-Organisationen untereinander und mit der Bevölkerung auf Augenhöhe stärkt das gegenseitige Ver-trauen und führt zu einem sozialen Ausgleich in der Gesellschaft, der wesentlich ist für den inneren Zusammenhalt und das gedeihliche Miteinander (community building).
  • Bei der Erbringung von Dienstleistungen verfolgen gemeinnützige Organisationen nicht primär wirtschaftliche Interessen, sondern stellen eine gesellschaftlich wünschenswerte nachhaltige Absicherung ihrer Leistungen in den Mittelpunkt. Dabei sind sie ihren gemeinnützigen Zielen verpflichtet, auch wenn diese ökonomisch schwer verwirklichbar sind. Anders als gewinnorientierte Unternehmen haben sie keinen Anreiz, strukturelle Schwächen des Systems auszunützen, um den Gewinn zu maximieren. Allfällige Überschüsse fließen zur Gänze wieder in die Bereitstellung gemeinnütziger Dienstleistungen (service).

Konkret fordern wir daher vom Bund und von den Ländern: (ausführlicher begründet und erläutert werden diese Forderungen in dem Dokument: Punktation „Partizipation“)

1. Mehr Transparenz als Voraussetzung für Partizipation:
• Erstellung jährlicher Vorhabensberichte der Bundes- und der Landesregierungen
• Zugang zu allen Studien und Entscheidungsgrundlagen, die von der öffentlichen Hand in Auftrag gegeben werden
• Das Recht, sich auf die Begutachtungsliste für Gesetzesvorhaben und Verordnungen setzen zu lassen
2. Strukturierte Einbindung in den politischen Diskussionsprozess und in das Gesetzgebungsverfahren:
• Verbände und Netzwerke gemeinnütziger Organisationen werden bereits in der Entwurfphase in den Gesetzwerdungsprozess eingebunden
• Verpflichtende Begutachtungsverfahren mit mindestens sechswöchiger Begutachtungs¬dauer
• Zwingende Hearings im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatungen
• Ein jährliches Forum zwischen Regierung und Zivilgesellschaft, in dem sektorübergreifende Anliegen der Zivilgesellschaft und die Rahmenbedingungen zivilgesell¬schaftlicher Arbeit besprochen werden
3. Maßnahmen zur Evaluation und Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Partizipationsinstrumente:
• Anwendung der vom Ministerrat beschlossenen Standards der Öffentlichkeits-beteiligung auf alle Politikbereiche
• Einrichtung eines Beirates zur Evaluierung und Weiterentwicklung der vereinbarten Partizipationsprozesse

Daten und Fakten zum Dritten Sektor:

  • Der Dritte Sektor umfasst Vereine, Verbände, Stiftungen, Interessensgemeinschaften und andere Arten von Non-Profit-Organisationen (NPO), die sich am Gemeinwohl und der Gemeinnützigkeit orientieren.
  • 234.000 Menschen oder rund 6 % der unselbstständig Beschäftigten arbeiten im Dritten Sektor. In den Jahren 2000 – 2010 ist die Beschäftigung um 39 Prozent gestiegen und steigt seither weiter.
  • Der Beitrag des Dritten Sektors zur Bruttowertschöpfung betrug 2015 7,5 Mrd. Euro oder 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auch dieser Wert ist im Steigen begriffen.
  • 2 Mio. Menschen oder 28 % der österreichischen Bevölkerung engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen. Dies entspricht weiteren 230.000 Vollzeitstellen und einer theoretischen Bruttowertschöpfung von 4,7 Mrd. Euro.
  • Gemeinnützige Organisationen: unentbehrlich für die Aufrechterhaltung vieler wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Leistungen
  • Zukunftsfähige Lösungen brauchen die Beteiligung des gemeinnützigen, „dritten“ Sektors und seiner Akteur/innen
  • Vorhaben im Regierungsprogramm 2013 – 2018 zugunsten der gemeinnützigen Organisationen jetzt umsetzen!

Wien, 12.04.2017 – Vertreter/innen von 14 Verbänden und Netzwerken mit mehr als tausend gemeinnützigen Mitgliedsorganisationen haben heute in Wien das von ihnen gegründete „Bündnis für Gemeinnützigkeit“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel des Zusammenschlusses von Dachorganisationen aus so verschiedenen Bereichen wie soziale Wohlfahrt, Beschäftigung, Kultur, Inklusion, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit ist es, einen starken Partner für die Zusammenarbeit mit der Regierung abzugeben. Sie erinnern bei der Gelegenheit die Bundesregierung daran, für sie wichtige Punkte aus dem Regierungsprogramm 2013 – 2018 noch in dieser Legislaturperiode in Angriff zu nehmen. An Bundespräsident Van der Bellen richten sie den Appell, den Dialog mit der Zivilgesellschaft zu intensivieren.

Tragfähige Lösungen durch Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft

Unsere Gesellschaft steht vor vielen sozialen, gesellschaftspolitischen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Von der steigenden Arbeitslosigkeit über notwendige Reformen im Gesundheit- und Bildungswesen, der wachsenden Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen, bis hin zur Aufnahme und Integration jener tausenden Kinder, Frauen und Männer, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung zu uns gekommen sind. Franz Neunteufl, Geschäftsführer der IGO – Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen: „Tragfähige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen können nur durch das Zusammenwirken aller maßgeblichen Kräfte gelingen. Die organisierte Zivilgesellschaft gehört da dazu.“

Mehr Wertschätzung für gemeinnützige Organisationen gefordert

Die österreichische Bundesregierung hat in ihr Arbeitsprogramm 2013-2018 das Ziel aufgenommen, zivilgesellschaftliche Organisationen strukturierter in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen und einen klaren Rechtsrahmen für gemeinnützige Organisationen zu schaffen. Die Bündnismitglieder fordern daher die Regierung auf, noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode deutliche Anstrengungen zu unternehmen, um diese Vorhaben umzusetzen. Judith Pühringer, Geschäftsführerin von arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich: „Wir haben erwartet, dass auch im ‚Update‘ des Regierungsprogramms Gemeinnützigkeit und freiwilliges Engagement wieder gebührend vorkommen und gefördert werden. Stattdessen wird Gemeinnützigkeit in einem Atemzug mit verpflichtendem Arbeitstraining genannt und bekommt dadurch eine ganz andere Bedeutung. Wir sind damit nicht einverstanden.“

Um ihrer Forderung nach mehr Wertschätzung und Unterstützung Nachdruck zu verleihen, verweisen die Vertreter/innen des Bündnisses auf einige Fakten:

 234.000 Menschen oder rund 6 % der unselbstständig Beschäftigten arbeiten im dritten Sektor. In den Jahren 2000 – 2010 ist die Beschäftigung um 39 Prozent gestiegen und steigt seither weiter.
 Der Beitrag des dritten Sektors zur Bruttowertschöpfung betrug 2015 7,5 Mrd. Euro oder 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auch dieser Wert ist im Steigen begriffen.
 2 Mio. Menschen oder 28 % der österreichischen Bevölkerung engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen. Dies entspricht weiteren 230.000 Vollzeitstellen und einer theoretischen Bruttowertschöpfung von 4,7 Mrd. Euro.

Angesichts dieser Zahlen kommentiert Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe und stellvertretender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt, eine von einem Regierungsmitglied vor kurzem getätigte Feststellung mit den Worten: „Es ist tatsächlich ein Wahnsinn, was NGOs in diesem Land leisten“.

Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung müssen angewendet werden

Konkret fordern die Vertreter/innen der gemeinnützigen Verbände und Netzwerke in einer von ihnen heute vorgelegten Punktation die Anwendung der „Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“ auf alle Politikbereiche. Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes: „Die Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung sind in einigen Ressorts oft nicht einmal bekannt, obwohl sie 2008 vom Ministerrat beschlossen wurden. Das muss sich ändern.“

Mit großer Sorge beobachten die Bündnismitglieder den Vertrauensverlust in die Wirkungsweise der politischen Systeme. Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur: „Die Abwendung von europäischen Werten und Institutionen und die Rückkehr zu langfristig wirkungslosen nationalstaatlichen Lösungsversuchen sind nicht im Interesse zukünftiger Generationen.“

Appell an BP Van der Bellen: Dialog mit der Zivilgesellschaft intensivieren

An den Bundespräsidenten appellieren die Gemeinnützigen, den Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft über die Zukunft des Landes und zur Stärkung des Gemeinsamen fortzusetzen und weiter auszubauen. Walter Marschitz, Geschäftsführer Sozialwirtschaft Österreich: „Wir glauben, dass er als verbindende und überparteiliche Instanz wie kein anderer dazu berufen ist, eine solche Initiative erfolgreich anzuführen.“

Rückfragehinweis:
Franz Neunteufl, Tel. 0664 5747584, E-Mail: kontakt@www.gemeinnuetzig.at

BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT – Mitglieder
(in alphabetischer Reihenfolge)

arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich
http://arbeitplus.at/

Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt
http://www.freiewohlfahrt.at/

Dachverband berufliche Integration Austria – dabei-austria
http://www.dabei-austria.at/

Fundraising Verband Austria
http://fundraising.at/

Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
http://www.globaleverantwortung.at/

IG Kultur Österreich
http://www.igkultur.at/

IGO – Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen
http://www.gemeinnützig.at

Initiative Zivilgesellschaft
http://www.initiative-zivilgesellschaft.at/

ÖAR – Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
http://www.oear.or.at/

Ökobüro – Allianz der Umweltbewegung
http://www.oekobuero.at/

Sozialwirtschaft Österreich – Verband der österreichischen Sozial- und
Gesundheitsunternehmen
http://www.swoe.at/

Umweltdachverband
http://www.umweltdachverband.at/

 

BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT – Ständige Partner

Lebenswelt Heim – Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs
http://lwh.mmf.at/

Verband für gemeinnütziges Stiften
http://www.gemeinnuetzig-stiften.at/